29.03. : 28. Spieltag --- VfB Stuttgart - BVB 1:2
... oder wer braucht schon Ultras ???
In einem furiosen Spiel, dass einem Auf und Ab auf beiden Seiten glich, setzte sich der BVB am Ende mit 2:3 durch...
Ein herrlich sonniges und warmes
Frühlingswetter erwartete alle BVB Fans, die sich auf den Weg nach
Stuttgart gemacht haben. Sie sollten ihr kommen nicht bereuen und das
obwohl es erst einige Genickschläge geben sollte. Nicht wenige
erinnerte die Ausgangslage an die Begegnung in Hamburg vor einigen
Wochen, als unser BVB als haushoher Favorit zu einem darbenden
Abstiegeskandidaten reisen musste und dort mit einer an
Lächerlichkeit grenzenden Arroganz unterging.
Das sollte heute auf keinen Fall
passieren. Was wir aber erst geboten bekamen sah zwar nicht ganz so
schlecht aus, wie in Hamburg, jedoch fehlte es an dem Eindruck, dass
die Mannschaft die notwendigen Lehren aus dem Spiel im Norden gezogen
hatte. So kam es dann auch, wie es kommen musste, dass Stuttgart mit
der ersten Torchance in der 9. Minute sofort das 1:0 erzielte. Nach
einem katastrophalen Fehlpass von Kirch bedankte sich Gentner mit
dem Führungstreffer. Kaum erholt von diesem Nackenschlag setzte
sich der in diesem Spiel sehr quirlige Traore auf der rechten Seite
durch, düpierte die gesamte Abwehrseite und passte flach
in die Mitte. Der völlig freistehende Harnik hatte
anschließend keine Probleme den Ball zum 2:0 über die Linie
zu schieben. 19. Minute, das Stadion tobte.
Nicht viel später hatte Stuttgart in Person von Ibisevic sogar die
Chance zum 3:0, die er aber zu unserem Glück nicht nutzte.
Das war aber wohl so etwas wie ein Startschuss für unsere
Mannschaft, die in der Folge mehr Gas gab und durch Marco Reus zum
verdienten Anschluss kam. Kurz vor der Pause hatte Reus sogar
die Chance zum Ausgleich, als er frei im 16er zum Schuss kam, jedoch
wurde sein Schuss zur Ecke abgeblockt. Halbzeit.
Nach dem Seitenwechsel war es dann ein deutlich besseres Spiel, in dem
sich der BVB um Kontrolle bemühte. Robert Lewandowski fasste sich
in der 56. Minute ein Herz und knallte den Ball aus dem Lauf mit voller
Wucht an den Innenpfosten des Stuttgarter Tores. Was für ein
Hammer. Leider sprang der Ball wieder raus. Genau dieser Lewandowski
konnte dann in der 67. Minute nur per Notbremse von unserem speziellen
Freund Niedermeier im Strafraum gestoppt werden. Den fälligen
Elfer verwandelte Marco Reus sicher zum verdienten Ausgleich und
spätestens jetzt wusste jeder im Stadion, dass der BVB alles daran
setzen würde, diese Partie noch zu gewinnen. Die fällige rote
Karte für Niedermeier, der so ziemlich in jedem Spiel gegen
uns vom Platz fliegt, zeigte der ansonsten wieder einmal sehr schwache
Schiedsrichter Weiner folgerichtig.
Danach rollte Angriff auf Angriff in Richtung Stuttgarter Tor und als
der eingewechselte Aubameyang endlich einmal steil geschickt wurde und
seine Schnelligkeit ausspielen konnte, nutzte Marco Reus den klugen
Rückpass zum vielumjubelten 2:3. 83. Minute. Die riesen Gelgenheit
zum Ausgleich fast postwendend vergab Harnik nur knapp. Am Ende reichte
es aber zum wichtigen Auswärtssieg. Ein Auswärtssieg, der uns
nicht nur das blau weiße Pack vom Hals hielt, sondern ebenfalls
in einer anderen Hinsicht wichtig war. Die Stimmung war trotz oder
gerade wegen dem Fernbleiben der Dortmund Ultra Gruppen phänomenal
gut und das nicht erst nach dem Siegtreffer !!!!.
Im Vorfeld des Spiels haben sich die Ultragruppierungen des BVB (TU, Jubos und Desperados)
dazu entschieden aufgrund der hohen Eintrittspreise, die der VfB
aufgerufen hat, das Spiel zu boykottieren. Wer erwartet hat, dass sich
dadurch die Stimmung aus der Dortmunder Fankurve quasi einstellen
würde und sich alle in ihr Schicksal ergeben würden, weil die Vorturner mit dem Megafon nicht da gewesen sind, der sah
sich gewaltig getäuscht. Was man stattdessen beobachten konnte war eine
Wiederauferstehung alter Stimmungsqualitäten und eine
Vielfältigkeit von Anfeuerung, die es in den vergangenen Jahren nicht gegeben hat.
An der Stelle, an der sonst immer die
Gruppierungen in ihrem uniformartigen Outfit stehen, welches mit
Borussia Dortmund oder der Farbenkombination schwarz-gelb so ziemlich
nichts zu tun hat, herrschte diesmal Farbenfrohheit und positive
Ausgelassenheit. Über 96 Minuten wurde nicht ein einziges,
monotones Ultra Lied gesungen, welches den Rest der Fans zum
Einschlafen bringt. Ferner gab es auch während des Spiels mal
kleinere Sangespausen, wenn es gerade passte, um dann sofort wieder
loszulegen, wenn es rund ging. Diese zu jeder Zeit situationsbezogene
Unterstützung war klasse. Über die gesamte Spielzeit konnte
man sogar das Spiel fast ohne Sichtbehinderung verfolgen. Es gab
keine monotones, dauerhaftes Fahnenschwenken oder das hochhalten von
irgendwelchen Doppelhaltern, die die dahinterstehenden zur
Weißglut gebracht hätten. Das war genial.
Die Anfeuerung kam von den
unterschiedlichsten Seiten. Mal vom Oberrang, dann vom Unterrang, dann
von links oder rechts. Ganz großer Sport. Ja auch
Wechselgesänge funktionierten. Jeder, der an diesem Tag anwesend
war, war sich der Verantwortung bewusst, die auf ihm persönlich
lag. Mir fallen auf Anhieb nicht viele Vereine ein, bei denen dies so
funktioniert hätte. Darauf können wir alle sehr Stolz sein.
Dabei war es übrigens egal, wie der Spielstand war.
Es war so herrlich entspannt. Durch
das Fernbleiben der Ultras gab es keinerlei Krawalle
und Übergriffe gegen andere Fans. Bei der Anreise klagte
keine Raststätte über nenneswerte Diebstähle oder die
Polizei über umgekippte Bullis. Sicherlich ist das nur ein kleiner
Teil der Ultra Gruppierungen, die sich so etwas hingeben aber genau
diesen wollen wir nicht und eine Selbstreinigung findet bei den Gruppen
ja leider auch nicht statt.
Erfischend war es zu sehen, dass unsere Stimmung nicht zwingend von den
Ultras abhängt und das unsere Fankultur funktioniert. Dieser
Sachverhalt erfüllt einen mit Stolz. Viele in der gesamten Liga
beobachten die Entwicklung in der Fankultur hin zum Ultraeinerlei, der
dem Fannachwuchs ein eingleisiges Bild von Stimmung und Support
auf Kommando vermittelt, mit Argusaugen. Dass es uns anwesenden Fans
gelungen ist, ein positives, farbenfrohes und freundliches Bild unsers
BVB mal ohne Ultras zu geben, ist vielleicht langfristig der
wichtigere Erfolg, als der Sieg der Mannschaft im Neckarstadion, denn
so heißt es im Herzen aller Fans auch weiterhin.
Grundsätzlich ist der Protest gegen die hohen Eintrittspreise, die
der VfB aufgerufen hat richtig und das Opfer, welches die Ultras auf
sich genommen haben, ihren geliebten Verein
nicht unterstützen zu können, als sehr hoch zu bewerten.
Dies spricht für die Ultras, aber auch dabei wieder fällt es
einem schwer zu glauben, dass wirklich alle bei dem Verzicht einer
Meinung sind. Man möchte nur zu gerne wissen, was mit dem
passiert, der sich dieser Anordnung widersetzt und doch hinfährt.
Zu einer Fanvielfalt, gehören sicherlich auch Ultras, keine Frage,
aber die dürfen auf keinen Fall das Fehlverhalten einiger vieler
aus den eigenen Reihen dulden bzw. ignorieren.
Ultraverzicht, bitte häufiger, so war zumindest die Meinung aller,
mit denen man sich im Stadion vor, während und nach dem Spiel
unterhalten hat. Eine Spaltung der Fans darf es jedoch nicht geben, nur
es wäre mal schön, wenn die Ultras ihr
Verhalten selbst reflektieren und daraus lernen würden.
Wie sagte noch Ultra, den wir auf einem Rastplatz in Baden
getroffen haben: Man muss mal ein Zeichen setzen. Das
haben zumindest die anwesenden Fans in Stuttgart
getan. Übrigens war der auf dem Weg mit den
Kölner-Ultras nach München, um den FC beim Spiel gegen die
Löwen zu unterstützen. Man sah schon von weitem, dass die vor
dem Bus stehenden Leute die richtigen Strategen waren. Kaum einer von
denen war als Fan des FC zu entziffern, ganz anders, als der Bus
mit Lauterern, die wenig später ankamen und deutlich
vereinsbezogener waren.
Pro Vielfalt, Kontra Monotonie !!!!
Heja BVB.
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